G&P Aktuell

Innovative Konzeptionen bei der Gestaltung betrieblicher Versorgungswerke (1/2001)

19.01.2001

Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung kennt man sowohl

  • leistungsbezogene Systeme
    als auch
  • beitragsbezogene Systeme
  • Bei leistungsbezogenen Systemen, wie sie in der Vergangenheit in Deutschland ganz überwiegend verwendet wurden, wird die Höhe der Versorgungsleistung festgelegt; der Beitrag bzw. der Aufwand ergibt sich dann in Abhängigkeit von der zugesagten Leistung.

    Bei beitragsbezogenen Systemen, die vor allem im anglo-amerikanischen Wirtschaftsraum verbreitet sind, wird der Beitrag, d.h. der Aufwand, festgelegt; die Leistung ergibt sich daraus in Abhängigkeit von Dauer und Höhe der Beitragszahlung sowie der Rendite aus den Vermögensanlagen.

    Man unterscheidet hier zwischen "defined benefit plans" und "defined contribution plans". Unbestreitbar hatte sich in den letzten Jahren der Trend zu beitragsbezogenen Systemen in vielen Ländern verstärkt. Allerdings ist in neuester Zeit wieder eine Abkehr von solchen defined contribution plans zu beobachten. Dies ist in erster Linie auf den Aktienboom und die hohen Gewinne daraus zurückzuführen. Dadurch konnten Arbeitgeber mit entsprechend investierten pension funds bei leistungsbezogenen Systemen teilweise über Jahre hinweg "contribution holidays" feiern, da die außerordentlichen Vermögenserträge allein ausreichten, den pension fund zu finanzieren. Firmen, deren pension funds auf beitragsbezogenen Systemen beruhen, mussten demgegenüber die versprochenen Beiträge stets zahlen, und die Fonds-Überschüsse waren zu Leistungserhöhungen zu verwenden.

    Risiken leistungsbezogener Systeme

    Folgende Risiken beeinträchtigen die Kalkulierbarkeit des Aufwands für ein leistungsbezogenes System:

    • Koppelung der Leistungshöhe an nicht beeinflussbare Größen (Tarifgehaltsentwicklung, Entwicklung der Sozialversicherungsrentenansprüche, Lebenshaltungskostensteigerungen)
    • Veränderungen der biologischen Risiken wie Invalidisierung, Längerlebigkeit oder Veränderungen der Wahrscheinlichkeiten bezüglich des Umfangs von Hinterbliebenenleistungen
    • gesetzliche Eingriffe in betriebliche Systeme, wie z.B. 1974 die Einführung der Unverfallbarkeit, oder die Verpflichtung zur Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG (incl. nachholende Anpassung).

    Diese Risiken können bei beitragsbezogenen Systemen weitestgehend auf die Versorgungsberechtigten abgewälzt werden, abgesehen von eventuellen Eingriffen des Gesetzgebers.

Beitragsbezogene Systeme in Deutschland

Leider bestehen in Deutschland bei den heutigen Steuergesetzen keine wirtschaftlich vernünftigen Möglichkeiten, beitragsbezogene Systeme einzuführen. Sie sind nur über die Finanzierungsformen Direktversicherung oder Pensionskasse möglich und bei diesen Finanzierungsformen besteht der ganz erhebliche Nachteil der vorgelagerten Beitragsbesteuerung.

Deshalb können in Deutschland momentan nur beitragsorientierte Systeme ohne vorgezogene Beitragsbesteuerung gewählt werden, bei denen zunächst die Höhe der späteren Versorgungsleistung vom beabsichtigten Beitrag (Aufwand) abgeleitet wird, aber letztlich für diese abgeleiteten Leistungen viele Nachteile der leistungsbezogenen Systeme gelten, z. B. die Zinsfestlegung für die Beitragsumwandlung während der gesamten Zeit vom ersten Beitrag bis zum Versorgungsfall.

Eine Minimierung der Risiken kann bei leistungsbezogenen Systemen, und damit auch bei beitragsorientierten Systemen, wie folgt erreicht werden:

  • Abkoppelung der Leistungen oder Beiträge von allen äußeren Einflussgrößen, d.h. DM-Zusagen ohne Verpflichtung zur Anwartschaftsanpassung
  • Begrenzung der biologischen Risiken auf einen überschaubaren Zeitraum, d.h. höchstens bis zum Zeitpunkt der Pensionierung
  • Gewährung von Kapitalleistungen anstelle von Rentenleistungen zur Vermeidung der Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG und zur Vermeidung des Mehraufwands der sonst durch bei Rentenbeginn bereits eingetretene Verlängerungen der Lebenserwartung entsteht.

Vorzüge eines Kapitalplans gegenüber einem Rentenplan

Gerade dieser letzte Punkt verdient eine ausführlichere Betrachtung. Folgende Vorteile für den Arbeitgeber bietet ein Kapitalplan gegenüber einem Rentenplan:

  • Es entstehen keine Kosten für Rentenanpassungen gemäß § 16 BetrAVG; auch bei späterer Verrentung des Kapitals können durch eine eingerechnete Garantie von 1 % Rentendynamik darüber hinaus gehende § 16-Anpassungen ausgeschlossen und damit Mehrkosten vermieden werden.
  • Kosten einer Verlängerung der Lebenserwartung, die während der Anwartschaftszeit eintritt, können dadurch vermieden werden, dass bei der Verrentung von den jeweils aktuellen Lebenserwartungen ausgegangen wird.
  • Kapitalleistungen sind für die meisten Versorgungsberechtigten optisch interessanter und in ihrem Wert leichter vorstellbar, führen also zu einer besseren Motivation.
  • Der jährliche Ausdruck eines Versorgungskontoauszugs (auch bei Rente möglich) macht allen Mitarbeitern die betriebliche Altersversorgung regelmäßig bewusst und führt durch höhere Wertschätzung und Zufriedenheit zu besseren Leistungen.
  • Mögliche Wahlrechte - Kapital oder Rente, mit oder ohne Hinterbliebenenrenten - erhöhen die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der betrieblichen Altersversorgung.
  • Der Verwaltungsaufwand für die Firma bei Kapitalzahlung ist deutlich niedriger als bei lebenslänglicher Rentenzahlung.
  • Die Kombination der arbeitgeberfinanzierten Kapitalversorgung mit einer enstsprechenden Entgeltumwandlungs-Konzeption (Deferred Compensation) ist einfacher und logischer.