G&P Aktuell

Rententrend unter Berücksichtigung einer Überinflation (11/2023)

01.11.2023

Wie bereits zum Bilanzstichtag 2022 ist bei der handelsbilanziellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen aufgrund der weiterhin hohen Inflation ein besonderes Augenmerk auf den Rententrend zu legen. Dies betrifft insbesondere Pensionsverpflichtungen, welche gemäß § 16 Abs. 1 und 2 des Betriebsrentengesetztes (BetrAVG) der alle drei Jahre durchzuführenden Anpassungsprüfungspflicht unterliegen und in der Regel entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland im Prüfungszeitraum angepasst werden.

Derzeit ist davon auszugehen, dass zum kommenden Bilanzstichtag seitens der Wirtschaftsprüfer neben einem langfristigen Rententrend und dem sogenannten Anpassungsstau zusätzlich die Berücksichtigung einer kurz- bzw. mittelfristigen Überinflation gefordert wird. Im Folgenden wollen wir Ihnen den Sachverhalt näher erläutern und bitten Sie – sofern Sie betroffen sind – hierzu Rücksprache mit Ihrem Wirtschaftsprüfer zu halten und uns über den gewünschten Bewertungsansatz zu informieren.

Die zukünftige Anpassung von laufenden Rentenleistungen wird bei der handelsbilanziellen Bewertung über drei Komponenten abgebildet:

1. Langfristiger Rententrend: Diese Komponente bildet die langfristig erwartete Inflationsentwicklung ab und richtet sich in der Regel nach dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank oder auch anderer Expertenprognosen.

2. Kurz- bzw. mittelfristige Überinflation: Die kurz- (1-3 Jahre) bzw. mittelfristige (3-5 Jahre) Überinflation bildet den Teil der Inflation ab, der in diesem Zeitraum über dem langfristigen Rententrend liegen kann.

3. Anpassungsstau: Der Anpassungsstau bildet die zwischen dem letzten Anpassungsstichtag und dem Bilanzstichtag bereits aufgelaufene Inflationsentwicklung ab.

In der Vergangenheit wurde in der Regel angenommen, dass die kurz- bzw. mittelfristige Inflation der langfristig angenommen Inflation entsprach, weshalb bislang keine Überinflation zu berücksichtigen war. Aufgrund der jedoch weiterhin anhaltenden hohen Inflation und der Aussagen wirtschaftlicher Forschungsinstitute ist noch in den nächsten zwei bis drei Jahren von einer höheren Inflation auszugehen. Diese ist daher bei den Bewertungen abzubilden.

Da eine exakte Abbildung der Inflation sehr komplex und mit sehr hohem Aufwand verbunden ist, bilden sich derzeit drei vereinfachte Bewertungsansätze ab.

Die folgenden Ansätze stellen die Bewertung eines einheitlich alle drei Jahre anzupassenden Rentnerbestandes dar. Sollte der Rentnerbestand in verschiedenen Kohorten angepasst werden, ließe sich der jeweilige Bewertungsansatz auch auf die jeweilige Kohorte übertragen.

Zunächst ist die Überinflation zu schätzen. Sofern Ihr Wirtschaftsprüfer hierzu nicht bereits eigene Vorgaben hat, bereiten wir Ihnen gern einen Vorschlag vor. Bitte kontaktieren Sie hierzu Ihren Ansprechpartner.

Diese Überinflation lässt sich nun über die folgenden drei Ansätze abbilden.

1. Unveränderter langfristiger Rententrend und Abbildung der Überinflation über eine Erhöhung der Startrenten:

Bei diesem Ansatz wird die Überinflation analog zum Anpassungsstau über eine Erhöhung der Rentenhöhe zum Stichtag (Startrente) berücksichtigt.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Überinflation sofort in voller Höhe realisiert wird, jedoch ist dieser Ansatz mit dem geringsten Mehraufwand bei der Bewertung verbunden.

2. Einheitlicher Rententrend für den Gesamtbestand:

Bei diesem Ansatz wird die Überinflation anhand der Duration (durchschnittliche Restlaufzeit) des Gesamtbestandes, d. h. der Anwärter und Rentner, in einen zusätzlichen Langfristtrend umgerechnet und der so modifizierte langfristige Rententrend einheitlich für Anwärter und Rentner angesetzt.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich dieser Ansatz auch auf die Anwärter auswirkt und somit zu einer Aufwandsverschiebung von Rentnern zu Anwärtern führt, die u. E. nicht sachgerecht ist, da nur rentennahe Anwärter von der kurz- bzw. mittelfristigen Überinflation betroffen sein können.

3. Erhöhter Rententrend für den Rentnerbestand:

Bei diesem Ansatz wird die Überinflation über die Duration (durchschnittliche Restlaufzeit) allein des Rentnerbestandes verteilt und der langfristige Rententrend für Rentner um diesen Betrag erhöht.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dieser Ansatz unterschiedliche langfristige Rententrends für Anwärter und Rentner erfordert. Dies wiederum erfordert technisch eine Trennung des Anwärter- vom Rentnerbestandes, was mit zusätzlichem Mehraufwand bei der Bewertung verbunden ist.

Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass alle drei Bewertungsansätze zu ähnlichen Ergebnissen führen und eine unseres Erachtens gute und sachgerechte Abschätzung der kurz- bzw. mittelfristige Überinflation sind.